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DFG Projekt Prof. Bernhard Grümme

Digitalisierung als Entsubjektivierung? Zu einer Neubestimmung der Subjektorientierung in der Religionspädagogik

Das anvisierte Forschungsprojekt bringt zwei Brennpunkte der gegenwärtigen Religionspädagogik in eine Konstellation, aus der heraus ein hoch dynamisches und komplexes Forschungsdesiderat resultiert. Dieses soll in diesem Projekt bearbeitet werden:

Einerseits ringt die Religionspädagogik um eine Neubestimmung der Subjektorientierung angesichts von wachsender Heterogenität, Säkularisierung und Singularisierung. Dazu kommen Einsichten in Subjektivierungsprozesse, die im Rückgang auf poststrukturalistische, postkoloniale und diskurstheoretische Formatierungen eine emphatische Rede vom Subjekt elementar anfragen. Zugleich markieren jedoch die normativen Bestimmungen religionspädagogischer Praktiken, eine Sprachschule der Freiheit und damit eine auf Autonomie ausgerichtete Ordnung zu sein, die Unverzichtbarkeit eines tragfähigen Subjektbegriffs.

Andererseits sieht sich die Religionspädagogik massiv durch die Prozesse der Digitalisierung herausgefordert. Auf der einen Seite birgt diese das korrelationsdidaktisch nicht unerhebliche Potential eines Lebensweltbezuges und bietet vielfältige didaktische Chancen bis hinein in die Ermöglichung theologieproduzierender, subjektgeleiteter Praktiken. Auf der anderen Seite sind entsubjektivierende Effekte wie der hegemonialen und stratifizierenden Differenzbildungen, der Verdinglichung, der Virtualisierung, der Simulation von Affekten, Entitäten und Identitäten oder auch Kommodifizierungen offensichtlich. Wenn der RU von seinem theologischen Profil her als Probeaufenthalt in religiösen Welten verstanden wird, dann bergen diese Aspekte durchaus problematische Implikationen für eine subjektorientierte Teilnehmer:innenperspektive.

Aus der Konstellation dieser beiden Forschungsdiskurse resultiert nun das Ziel des Forschungsantrags. Ihm geht es um eine Reformulierung der Subjektorientierung unter den Bedingungen der Digitalisierung in einer bildungstheoretisch begründeten, als Sprachschule der Freiheit begriffenen religionspädagogischen Ordnung.

Dazu soll die vom Antragsteller im religionspädagogischen Diskurs etablierte alteritätstheoretisch begründete und praxeologisch ausgerichtete Denkform der Aufgeklärten Heterogenität als hermeneutischer Horizont dienen. Sie würdigt die Subjekte in ihren Identitätskonstruktionen und Praktiken, und vermag doch zugleich entsubjektivierende wie befreiende, ermächtigende Momente digitaler Kommunikationsprozesse zu analysieren und im Hinblick auf die freiheitstheoretisch grundierte Normativität religiöser Bildung in der Digitalität kritisch wie konstruktiv fortzuschreiben. Es soll ein reflexiver Begriff der Subjektorientierung erarbeitet werden, der die praxeologischen Mechanismen der Digitalisierung ideologiekritisch aufzuklären und pädagogisch wie didaktisch profilieren kann und sich dabei über die eigenen reifizierenden und differenzsetzenden Praktiken aufklärt.

Lehrprojekt von Katrin Termin

Programmieren im Religionsunterricht?!

Biblische Geschichten mit Scratch erzählen


 


Biblische Geschichten sind wesentlicher Bestandteil des Religionsunterrichtes. Um die Glaubensaussage hinter einer biblischen Geschichte zu erschließen, ist eine Auseinandersetzung mit dem biblischen Text notwendig. Dabei ist es wichtig, neben kognitiven Aufgabenstellungen auch kreative Zugänge zu wählen, welche die Lebenswelt und Interessen heutiger Kinder und Jugendlichen berücksichtigen und so ein nachhaltiges Lernen ermöglichen. Im Schülerlabor erwecken wir dazu eine biblische Geschichte mit Hilfe einer kindgerechten Programmiersprache digital zum Leben.

 

Inhalt

Eine digitale Möglichkeit zur kreativen Umsetzung biblischer Geschichten bietet die bildungsorientierte Programmiersprache Scratch, die speziell für Kinder und Jugendliche am MIT Media Lab entwickelt wurde. Mithilfe von vorgefertigten Blöcken, denen Konzepte der Programmierung zu Grunde liegen, können Anwendungen, Spiele und Geschichten programmiert werden. Durch die Gestaltung bzw. Programmierung einer biblischen Geschichte setzen sich die Schüler*innen vertieft mit dem biblischen Text auseinander und machen Glaubensaussagen auch visuell sichtbar.

Im Schülerlabor wird zunächst der Begriff der Informatik mit Inhalt gefüllt, so dass die Schüler*innen Spuren der Informatik in ihrem Leben entdecken und ihre Bedeutsamkeit im Alltag nachvollziehen. Anschließend setzen sich die Schüler*innen mit dem Teilbereich der Programmierung näher auseinander, indem sie angeleitet die visuelle Programmiersprache Scratch kennenlernen und aktiv am einem Laptop ausprobieren. Durch eine religionspädagogische Überleitung werden die Schüler*innen thematisch in die biblische Geschichte „Der Sturm auf dem See“ nach Lk 8,22-25 eingeführt und setzen diese anschließend in Zweier-Teams kreativ um. Dabei werden sie in Videos schrittweise angeleitet und lernen beiläufig Programmierkonzepte kennen. Nach der Präsentation der programmierten Geschichten werden der Inhalt und die Gestaltung der biblischen Geschichte gemeinsam reflektiert.

Das Projekt bietet curriculare Anknüpfungspunkte an den Kernlehrplan Katholische/Evangelische Religionslehre (IF 3 „Jesus Christus“) und den Medienkompetenzrahmen (Bereich 4 „Produzieren und Präsentieren“ und 6 „Problemlösen und Modellieren“).

Ein Projekt der Fakultät für Katholische Theologie, Lehrstuhl Religionspädagogik und Katechetik; Prof. Dr. Bernhard Grümme, Kathrin Termin.